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Wie lernt ein Roboter das Fischen?

Haben wir in der ZAL GmbH ein neues sportliches Hobby? Nein, wir entwickeln keine angelnden Roboter. Inspiration für den Titel ist eine alte Weisheit des chinesischen Philosophen Konfuzius: „Gib einem Menschen einen Fisch und du ernährst ihn für einen Tag. Lehre einen Menschen zu fischen und du ernährst ihn für sein Leben.“ Ein Sinnspruch, der sich immer mehr auf die moderne Automatisierungstechnik, genauer die Robotik übertragen lässt. Denn bei klassischen Automatisierungsmethoden programmiert man Abläufe und Funktionen sehr strikt.

Heute: Der Fisch für den Roboter

Eine Produktionslinie wird also auf ein Produkt abgestimmt und optimiert. Das heißt, ein Roboter als Teil dieser Produktionslinie kann eine bestimmte Schraube an einer genau definierten Stelle mit dem vorgegebenen Drehmoment einschrauben. Der Roboter hat nur das nötige Wissen, um diese Aufgabe zu erfüllen. Er weiß, wo er diese Schrauben findet und wo sie eingeschraubt werden müssen. Er weiß aber nicht, was es bedeutet, etwas festzuschrauben. Im übertragenen Sinne, ist diese Schraube der Fisch für den Roboter.

Was aber, wenn wir die Form oder die Position der Schraube ändern? Man müsste den Roboter neu programmieren und diese Programmierung wieder vor Ort testen und optimieren. Roboter für Anwendungen in der Luftfahrt zu programmieren, ist sehr zeitaufwändig. Das liegt an den variablen Prozessen. Vielleicht wurde ein Arbeitsschritt vorgezogen und nun steht dem Roboter ein Teil im Weg, das sonst nicht da ist. Teilt der Roboter seinen Arbeitsraum mit menschlichen Kolleg*Innen, muss er auf diesen komplexen Faktor besondere Rücksicht nehmen. Daher werden solche Variantenbildungen gerne außerhalb der Produktionslinie vorgesehen. Das heißt, jemand führt die Aufgaben aus, der mit dieser Art von Veränderung keine Probleme hat – der Mensch.

Derzeit sind die meisten industriellen Roboteranwendungen gut vorherbestimmbar. Sehr herausfordernd ist auch die Integration von flexiblen, intelligenten Prozessen. Im Kontext von Industrie 4.0 sind also Robotersysteme notwendig, die sich an externe Unsicherheiten (Lichteinfall, Staub, Temperaturschwankungen) und Störungen (fehlende Teile, menschlicher Eingriff) anpassen. Und das, ohne dass alle diese Faktoren im Prozess oder in der Programmierung explizit definiert sind. Wie machen wir dem Roboter dieses Wissen zugänglich?

Morgen: Wie lernt der Roboter das Fischen?

Was wäre, wenn der Roboter schon zu Beginn der Planung „Kenntnis“ von dem Prinzip Verschraubung hat? Was, wenn er selbstständig eine Methode erlernt, um das Problem „passende Schraube für die passende Bohrung“ zu lösen? Die ZAL GmbH hat sich dieser Herausforderung angenommen. Gerade, weil in der Luftfahrt eine hohe und komplexe Variantenvielfalt herrscht. Aktuelle Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz, insbesondere beim Deep Learning, sind allgegenwärtig, z. B. bei der Bilderkennung, Spracherkennung oder beim autonomen Fahren.

Um lernende KI-Systeme für die Robotik nutzen zu können, gibt es drei Ansätze: Man kann erstens historische Daten nutzen, um KI-Modelle zu trainieren. Oder man generiert zweitens virtuelle Erfahrungsdaten, um ebenfalls KI-Modelle zu trainieren. Drittens gibt es das bestärkende Lernen oder Deep Reinforcement Learning. Man lässt dabei einen virtuellen Zwilling in einer Simulation anhand einer vorgegebenen Zielfunktion selbst lernen. Damit sich Roboter digitale Automationslösungen selbst beibringen, sind die letzten beiden Punkte besonders wichtig. Ziel ist es, eine Methodik zu entwickeln, um Lernergebnisse aus Simulationen und virtuellen Umgebungen zu nutzen. So können die Expert*Innen reale Roboter für eine Vielzahl von Fertigungsprozessen und MRO-Aufgaben in der Luft- und Raumfahrt trainieren.

Was, wenn Roboter selbst Fischen lernen?

Die neue Technologie birgt enormes Potential, die ständig steigenden Herstellungs- sowie Instandhaltungskosten (MRO) der Luft- und Raumfahrtindustrie zu senken. Sie mindert ebenfalls Hindernisse beim Realisieren innovativer Flugzeugkonzepte. Fortschrittliche Materialien können leichter integriert werden. Selbstlernende Roboter können darüber hinaus den Automatisierungsgrad steigern. Nicht nur, um Kosten zu senken, sondern auch, um die Qualität und Sicherheit zu verbessern. Und wer weiß, vielleicht bringt sich so mancher Roboter dann tatsächlich das Fischen bei.