News

(10 Partner) auf dem Weg zur Kabine der Zukunft

Wie sehen Kabinenbauteile der Zukunft aus? Im Forschungsprojekt LiBio (Ligthweight Bionic Aircraft Interior) ging ein internationales Konsortium, mit Partnern aus Deutschland, Österreich und Kanada, genau dieser Fragestellung nach. Ihr Ziel: die Entwicklung eines zukunftsweisenden und funktionalen Kabinenbauteils. Was das bedeutet, haben wir Dr. Patrick Cordes und Dr. Jan-Ole Kühn aus dem ZAL Advanced Manufacturing Team gefragt.

Wie geht man vor, wenn man ein Bauteil für die Kabine der Zukunft entwickeln möchte? Worauf muss man achten?

Patrick: Die Flugzeugkabine ist das zentrale Element, das darüber entscheidet, wie angenehm Passagiere ihren Flug erleben zunächst durch ansprechendes Design, aber noch entscheidender durch den Komfort und die Funktionalität, die ihnen eine Kabine bietet. Passagiere erwarten Begebenheiten, die mit den technologischen Entwicklungen zu Hause mithalten können. Für Kabinenentwickler gilt es jedoch auch gewisse Rahmenbedingungen zu beachten: hierzu gehören der geringe Spielraum in Bezug auf Raum und Gewicht.

Unser Ansatz war, vorhandene Elemente zu modifizieren, anstatt neue hinzuzufügen. Dabei haben wir neue Funktionen in ein bereits existierendes Bauteil integriert. Zusätzlich haben wir moderne Fertigungsmethoden in der praktischen Umsetzung getestet: Robotergeführte Additive Manufacturing (RAM). Als Use Case haben wir im Konsortium einen innovativen Kabinentisch entwickelt, dessen Prototyp sich sehen lassen kann.

Was macht diesen Tisch innovativ, und was hat der Passagier davon?

Patrick: Äußerlich kennzeichnet den Tisch ein elegantes, zurückhaltendes Design, das sich nahtlos in die Kabine einfügt. Das Besondere ist jedoch die Funktionserweiterung des Tisches über seine ursprüngliche Nutzung als Ablagefläche hinaus. Diese ergibt sich durch die Integration eines Bildschirms, Lautsprechers und eines Ambient Light Systems. Trotz neuer Funktionen bleibt die Tischplatte faltbar, lässt sich also vergrößern und verkleinern. Zusammengefaltet könnte sie in eine Seitenwand geschoben werden, was wiederum Platzersparnis bietet.

 

Ist so ein komplexes Bauteil für Kabinenausstatter und Airlines interessant? Und was bedeutet das für die Herstellung des Tisches?

Jan: Hier kommen wir zum Kernpunkt, denn entscheidend ist aus Kundensicht nicht nur, dass wir Funktionen in einen Tisch integrieren können, sondern dass sich das Design unabhängig von der Funktionsintegration individualisieren lässt. Aber das ist mit unserer Fertigungsmethode kein Problem. Wer also seinem Kunden ein Unikat anbieten möchte, kann das Design individuell anpassen und ausgewählte Funktionen integrieren. Ermöglicht wird dieser Spielraum durch die immer leistungsfähiger werdende Additive Fertigung. Übertragen auf unseren Anwendungsfall, haben wir nicht nur die Tischstruktur gedruckt, sondern auch die Membran des Tischlautsprechers gedruckt.

Hierfür haben wir in unserem Labor Fertigungszelle zur robotergeführten additiven Fertigung aufgebaut. Es handelt sich dabei um zwei gleichzeitig betriebene und aufeinander abgestimmte, druckende Roboter (übrigens unterschiedlicher Hersteller), die nebeneinander zeitgleich an einem Werkstück arbeiten können. Das bietet viele Vorteile:  Unterschiedliche Materialien können in einem Druckprozess aufgetragen werden, hybride Fertigungsverfahren, unterschiedliche Genauigkeiten (Außenstruktur z.B. feiner als im inneren)

Woher kommen die anderen Komponenten des Tischs?

Patrick:  Die vom ZAL gefertigten Rohteile des Tisches wurde durch F/LIST aus Österreich furniert und lackiert, wodurch der Demonstrator sein elegantes Erscheinungsbild erhalten hat. Die SMSD-Gruppe der Queens University in Kanada hat die Integration der Elektronikkomponenten sowie die Strukturoptimierung beigetragen und die innere Metallstruktur zur Versteifung des Tisches wurde durch die FusiA Groupe in Kanada additiv gefertigt. Während des gesamten Projektes wurde die Projektfortschritte und technischen Lösungen regelmäßig durch die Experten von Bombardier aus der OEM-Sicht hinterfragt und bewertet, was den Designprozess maßgeblich beeinflusst hat.

Kann man sich den finalen Kabinentisch anschauen?

Jan: Ja. Es gibt zwei Prototypen. Einmal im Kabinendemonstrator von Bombardier in Montreal und einmal bei uns in Hamburg im Tech Labor der ZAL GmbH. Ein kleines Extra unseres Demonstrators ist das 3D-gedruckte Mockup zur Präsentation des Tischs, in Höhe von zwei Metern. Ein Behelf und Demoobjekt zugleich, da es die möglichen Druckdimensionen unseres RAM-Teststands veranschaulicht.

Was sind die nächsten Schritte?

Jan: Im LiBio-Projekt haben wir den Granulatdruck verwendet, das bedeutet, kleine Kügelchen wurden aufgeschmolzen und verdruckt. In einem anderen Forschungsprojekt untersuchen wir, wie hier nachhaltigere Materialien eingesetzt werden können, die beispielsweise eine höhere Recyclingfähigkeit aufweisen (RAFINESS). Dies sind wichtige Schritte, um die Nachhaltigkeit der Flugzeugkabine zu verbessern.

LiBio-Partner:
F-List, CRIAQ, FusiA Groupe, Inocon Techonologie GmbH, Joanneum Research – Forschungsgesellschaft mbH MATERIALS – Institute of Surface Technologies and Photonics Laser and Plasma Processing, Queens University – Structural and Multidisciplinary System Design Group, KANSAI HELIOS Austria GmbH, Solaxis Ingeniosite Manucafturiere Inc, Aerospace & Advanced Composites GmbH, Bombardier, Fraunhofer IFAM, IDS.
Förderung: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

Sie haben Interesse an additiver Fertigung oder haben Fragen zum Projekt LiBio? Dann teilen Sie uns Ihre Meinung mit und rufen Sie uns an: